Zu: Im Jahre 2000 auf dem Jakobsweg nach Santiago

Kapitel 2: Von Pamplona nach Burgos


Autor: Rudolf Fischer
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02.08.2000, Mittwoch: Über die Kirche Eunate nach Puente la Reina, 26 km (94 km)

Frühstück bei Straßenlaternenschein auf einer Bank vor der Turnhalle in Pamplona. Unablässig ziehen die Tocktocks schon los, es sind ab Pamplona noch viele dazugestoßen, darunter die zwei Jungs mit der Fahne. Es sind zwei Jugendliche, Mitglieder eines Bergwandervereins, die eine große, rote Fahne mit sich herumtragen. Ganz schöne Belastung!
Aus dem Bericht vom August 2002 : dieselbe Etappe, aber in umgekehrter Richtung, mit ergänzenden Informationen
In der Morgenkühle geht es los. Hinweis: In Cizur Menor gibt es inzwischen zwei Refugios. Hinter Pamplona steil hinauf zum Pass Puerto del Perdón mit seinen 40 Windrädern. Kurz davor das Dorf Zariquiegui. Alles lechzt nach einer Bar. Ein Dutzend Pilger lagert an der Kirche: aber leider keine Bar vorhanden. Die "fröhlichen Franzosen" haben sich mit "Flackerblick" (den wir schon in Bayonne gesehen hatten) zusammengetan; er hat einen kleinen Kocher mit und teilt an sie Kaffee aus. Harald zieht seine zweite Trinkflasche heraus. Wir haben sie "botella de apoyo" (Unterstützungsflasche) getauft, denn sie enthält Wein (ich habe natürlich auch eine). Die Franzosen bekommen Stielaugen. Ist das wirklich ...? Ja, Wein zum zweiten Frühstück. Sie kriegen sich nicht wieder ein. Seitdem war das ein Thema für einen Dauerbrennerwitz; immer, wenn sie uns trafen, gab es Bemerkungen wie "Gerade mal keinen Wein?" o.ä. Im Ernst: Die "Unterstützungsflaschen" waren eine sehr gute Idee und haben uns wirklich bei mancher Enttäuschung oder Erschöpfung wieder auf die Beine gestellt.
Pilger vor dem Pilgerdenkmal auf dem Puerto del Perdón (609 m) vergrößern Auf dem Pass stehen nicht nur die Windräder, sondern auch große, eiserne Flachfiguren, die die Silhouetten von Pilgern mit Gepäck und Esel darstellen. Die Gelegenheit, uns als lebendige Pilger davor zu stellen, konnten wir uns nicht entgehen lassen. (Es fand sich immer jemand, der einen bereitwillig fotografierte.) Der Wind pfiff gewaltig. Auf dem Foto sieht man es an Bart und Halstuch. Lange haben wir es trotz der schönen Aussicht dort oben nicht ausgehalten. Es war zu ungemütlich kalt. Hinter uns in den Pyrenäen ging offenbar Regen hernieder. Die Wolken reichten bis zu uns hin, aber vor uns lag Sonne, wie so oft.

Vom Pass aus ein schwieriger und langer Abstieg durch viel grobes Geröll. Im Dorf Uterga endlich eine Bar. Die Besitzer zerren die Pilger fast hinein, nehmen ihnen den Rucksack ab. Der Café con leche ist mit 200 P. aber an der oberen Preisgrenze. Was soll's!

Manfred hatte erzählt, dass bei seiner ersten Caminotour hier alle gekniffen hätten, noch den Abstecher zur berühmten Kirche Eunate zu machen. Das haben wir aber doch vor, sind ja nur 2 km mehr. Wo ist die Abzweigung? Zwei Spanier wissen es auch nicht, haben sogar noch nicht von Eunate gehört. "Sehr berühmt", sage ich ein paar Mal. Sie überlegen, wollen dann doch auch dahin. Etwas weiter im nächsten Dorf (Muruzábal) steht ein riesiger Hinweis auf einer Hauswand, gar nicht zu übersehen. In glühender Sonne geht es zur Eunate. Die beiden Spanier kommen uns im Eingang schon wieder entgegen und bedanken sich herzlich, dass wir sie auf diese Sehenswürdigkeit aufmerksam gemacht haben.

Die Kirche ist wirklich wunderbar. Wegen der Touristen wage ich drinnen nicht zu singen. (Das ging mir leider oft so.) Dann laufen wir stur den Pfeilen nach, die vom Somportpass kommen, und werden deshalb mit einem großen Umweg nach Puente la Reina, unserem Ziel geführt. Andere sind einfach der Nase nach direkt am Hang von Eunate aus dahin gelaufen. Da waren wir wohl zu preußisch.


Die folgenden Informationen über Puente la Reina sind überholt. Eine Übersicht aus dem Bericht vom August 2002 gibt den neueren Stand wieder.

Das Refugio von Puente la Reina ist klein und dreckig, mit 3-Stock-Betten. Sowieso kein Platz, obwohl sich hier eine italienische Gruppe mit Wohnwagen eingenistet hat! Der Hospitalero sagt mir nur kurz: "Es gibt noch zwei Refugios hier. Eins im Hotel zurück, 1.200 Peseten, eins voraus 900 Peseten." Da ich das Hotel schon gesehen habe, gehe ich lieber 500 m zurück an den Ortseingang. Im Hotel heißt es: "Ein Doppelzimmer? Kein Problem. Macht 9.000 Peseten." Ich halte mich am Tresen fest. "Oder wollen Sie ins Refugio im Keller?" fragt die junge Dame weiter, "Das kostet 1.200 Peseten." Ich nicke so heftig und schnell wie Obelix. Im Keller sind saubere Stockbetten und marmorgeflieste "servicios" (Duschen und Toiletten). Wau! Und viel Platz. Später werden noch viele Betten belegt, aber niemand landet auf dem Boden.

Fazit für Puente la Reina: Sofort im Hotel Jakue am Ortsrand bleiben. Das offizielle Refugio im Ortskern kann man abhaken. Einziger Nachteil: Man läuft doch einige Male die 500 m zur Innenstadt hin und her. Das andere Refugio, bei den Pilgern nur Hühnerstall genannt, hat angeblich wirklich vorher der Hühnerzucht gedient. Es liegt von der Innenstadt aus gesehen hinter der berühmten Brücke, etwas den Hang hinauf. Innen soll es einfach, aber gut sein. Heidi sagte später, sie sei zufrieden gewesen.


03.08.2000, Donnerstag: Nach Villamayor de Monjardín, 30,5 km (124,5 km)

Hinter Puente la Reina geht es über Stock und Stein unweit der Schnellstraße her. Eine große Schlange liegt plattgefahren auf der Straße. Wir laufen so schnell es geht in Richtung des nächsten Ziels, Estella. Die Städte liegen in bequemen 20-km-Etappen, mit großen Refugios. Da liegt es nahe, sie anzusteuern ... denken natürlich alle. Wieder wird es mittags in glühender Hitze anstrengend. Vor der Stadt doch noch Rast und etwas gegessen und getrunken, auch wenn mancher Tocktock noch vorbeizieht. - Endlich Einzug in die auf den ersten Blick schöne Stadt mit Fluss und Kirchen (12.30 Uhr).
Wartende Pilgerschlange in glühender Mittagssonne vor dem Refugio von Estella. vergrößern Da, das Refugio! Wo denn? Na, dort, wo die Riesenschlange Pilger davorsteht. Barmherziger Himmel! Ich zähle etwa 60 Leute. "20 sind schon drin." rufen einige Bekannte. Ich habe einfach keine Lust, mich in der Hitze hinten anzustellen. "Was kommt denn nach Estella?" fragt Harald. Villamayor de Monjardín, ein kleines Refugio, 8,5 km entfernt. Die machen wir doch lässig noch, signalisiert unsere Haltung, als wir, den Kopf hoch erhoben, an der Schlange der Wartenden vorbeimarschieren.

Das haben wir bereut! Es war wie vor Larrasoaña: Wenn man schon halb mit seinen Kräften am Rande ist, machen einen die letzten 5 km ganz fertig. Wir haben uns später einige Male daran erinnert, wenn wir wieder in Versuchung waren, noch ein Refugio weiter zu laufen, als es unser Plan vorsah.
Doch zunächst wird noch eine sehr erfreuliche Raststätte am Wege passiert: Das Kloster Irache mit seinem Brunnen für arme Pilger. Zwei Kräne: rechts einer mit Wasser, aber aus dem linken sprudelt schaumig echter Rotwein. Da fällt die Wahl nicht schwer, aus welchem Kran man sich bedient. (Der Pilger rechts hatte offenbar zwar noch alle Tassen im Schrank, diesen aber zu Hause.)

Manche Genießer übernachten sogar auf dem Klosterrasen und holen die ganze Nacht Nachschub, auch wenn die Weinquelle von einer Kamera überwacht wird.

vergrößern Kennst du das Land, wo Rotwein aus dem Krane fließt?

Nach dieser Kurzweil geht's weiter durch die Sonne. Fern, fern, winkt eine Burgruine. Wenn ich gewusst hätte, dass unser Ziel erst an ihrem Fuße liegt, wäre ich vielleicht verzweifelt. Aber zum Glück weiß man ja nie, was einem blüht. So kommt ein staubiger Kilometer zum andern, wobei wir nur einen anderen Pilger sehen. Zum Schluss noch ein mühsamer Aufstieg - und der bekannte Maurenbrunnen. Direkt danach das Dorf und rechts oben das Refugio. Dem Himmel sei Dank, wir sind da. Harald legt sich einfach aufs Pflaster und pennt, denn das Refugio ist noch geschlossen. Nur wenige Pilger warten auf Einlass. Wir werden ein Bett haben!

Villamayor de Monjardín war einer der wenigen Orte am Jakobsweg, wo noch heute der Pilgergeist zu spüren ist. Eine niederländische religiöse Gruppe hat zwei Häuser renoviert und daraus das private Refugio gemacht. Es war noch nicht in unserem Handbuch verzeichnet, aber im Refugio von Puente la Reina hatte ein Reklameanschlag auf diese neue Unterkunftsmöglichkeit hingewiesen. Das ist überhaupt ein Tipp: In allen Refugios sorgfältig die Anschläge am schwarzen Brett lesen. Man erfährt dort manches Nützliche, das nicht im Handbuch steht.

Es gibt 2- bis 4-Betten-Zimmer, aber in jedem Haus nur eine Toilette, von denen die eine sich noch den selben Raum mit der einzigen Dusche des Refugios teilt. Also erst einmal Schlange stehen. Ein Radfahrer (schon diese Glitzerwäsche macht mich aggressiv) nervt mich. Ob wir evtl. unser Zimmer, wo wir mit der dunklen Französin und ihrem Begleiter untergekommen sind, zu Gunsten ihrer vierköpfigen Gruppe räumen würden? (Die anderen beiden hat er schon verscheucht.) Ich bin sehr ungnädig, will jedenfalls meinen Platz in der Warteschlange nicht aufgeben. Frisch geduscht, ziehen wir dann doch ins Nachbarhaus um. Zum Lohn hat das neue Zimmer eine Terrasse mit wunderschöner Aussicht auf das Land, speziell auf die Burgruine oberhalb des Dorfes. Wir teilen unser Zimmer mit den "Jungs mit der Fahne". Bald weht unsere Wäsche auf der Terrasse.

Vor dem Haus sitzt ein alter Mann mit hagerem, unrasiertem Asketengesicht. Ab und zu stößt er Urlaute hervor und stammelt etwas, telefoniert oder diktiert. Ich verstehe ein paar deutsche Satzfetzen. Schon bei der Ankunft trafen wir einen Andalusier. Alt, dunkelbraun gebrannt, mit nur noch wenigen Zähnen, einen ausgesprochen lieben Hund dabei. Er kommt aus Sevilla, war schon in Santiago (wir staunen) und will weiter nach Rom und von da nach Jerusalem... Er ist von einem Landstreicher äußerlich nicht zu unterscheiden. Aber sowohl er wie auch der Asket sind die Freundlichkeit selbst. O ihr Brüder der Landstraße! Ihr seid mir lieber als die Radsportler.

Das Refugio bietet gegen einen mäßigen Preis Abendessen und Frühstück an. (Das sollte man immer mitnehmen. Man spart Zeit und Lauferei, und teurer als in den Gaststätten ist es auf keinen Fall.) Abends sitzen wir also gemeinsam beim Abendessen, endlich eine Pilgeratmosphäre und natürlich der arme Schlucker aus Sevilla zwischen uns, wie es sich gehört. Und wer ist noch aufgetaucht? Manfred mit seinen wunden Füßen. Er hat die Etappe aber mit dem Bus gemacht. Morgen will er zum Arzt. Wir haben uns an diesem Abend von ihm verabschiedet.


04.08.2000, Freitag: Nach Viana, 31 km (155,5 km)

Morgens stellen Harald und ich uns zum Gebet vor dem Aufbruch auf. Eine der Niederländerinnen kommt dazu und fragt, ob sie mitbeten darf. Natürlich! Nur hier wird etwas wahr, wie ich es mir geträumt hatte. Wir umarmen uns zum Abschied.

Im Gegenzug werden die nächsten 24 Stunden zu den für mich schlimmsten vom ganzen Camino. Es beginnt wieder mit Hybris: Wir wollen der Kolonne, die wir schon in Estella hinter uns gelassen haben, davonlaufen, um endlich weniger Bettenkonkurrenz zu haben. Der Weg ist gut und eben; wir spulen die Kilometer in bester Laune herunter, lassen die Refugios von Los Arcos und Torres del Rio unbeachtet. Viana ist das Ziel, mit einem großen Refugio, da kann gar nichts passieren.

Viana wird in der üblichen Sonnenhitze, etwas humpelnd erreicht. Die Füße meutern wegen der langen Etappen. Das Refugio ist eine einzige Katastrophe, um 16 Uhr schon gesteckt voll. Eine kühle städtische Angestellte zeigt uns einen Schlafraum, dort könnten wir ganz oben auf den 3-Stock-Betten schlafen. Ich bin entsetzt. Es ist auch keinerlei Abstellplatz auf dem Fußboden mehr da. Das Gepäck von drei Leuten passt eben nicht auf eine einzige Bettlänge. Zu allem Überfluss liegt auch noch ein schlafendes Mädchen davor. (Sie hatte auch Angst, ganz oben zu schlafen, merke ich später.) Ihr Vater sieht, dass ich sauer und niedergeschlagen bin. Er räumt Gepäck an die Seite und zeigt auf das freie Bett über sich. Ich beziehe es zweifelnd. Harald schräg gegenüber ebenso.

Ich kann nachts nicht raus, ohne meine Unterleute zu wecken, denn ich muss wie ein Affe ohne Leiter an den Fußenden rauf- und runterturnen. Die Toiletten nebenan sind defekt. Abends wird alles mit Langläufern zugepflastert. Dabei rührt die Enge daher, dass sie jeden genommen haben, ob Radfahrer oder Tourist, darunter sicher viele, die nur an diesem Wochenende unterwegs sind. Die Stadt braucht wohl Einnahmen. Wie das einige Tage später endete, ist unter den Allgemeinen Informationen, Abschnitt "Hunde und andere Gefahren", nachzulesen.

Ich sitze in dem engen Korridor vor dem Schlafsaal auf dem Boden und verarzte meine Füße. Diese haben üble Blasen. Pausenlos steigt jemand über mich hinweg. Später humpele ich über das Kopfsteinpflaster und versuche, ein Privatquartier zu bekommen. Am Touristenbüro ein Schild: "Bin leider wegen einer Führung unterwegs. Bitte, die Unannehmlichkeit zu entschuldigen." Ein Polizist verweist mich an ein Restaurant. Angeblich alles belegt, und auch kein Bett mehr von hier bis Logroño zu haben. Was hilft's, dass ich das nicht glaube! - Die Nacht wird schlimm. -

Später haben wir uns gesagt: Wir hätten einfach die Matratze aus der dritten Lage holen und irgendwo auf den Boden legen sollen, wie andere das auch machten. Gegen 16 Uhr war ja noch genug Platz auf dem Fußboden. Es war auch das letzte Mal, dass ich ohne Widerspruch so mit mir umspringen ließ. Viana, du siehst mich nie wieder!


05.08.2000, Samstag: Nach Navarrete, 23 km (178,5 km)

Am Morgen behauptet Harald, er habe vor Angst, von ganz oben herunterzufallen, nicht schlafen können. Wir suchen einen Platz mit Licht, wo man frühstücken kann. Nur vor dem Ausgang, an der Rezeption, fällt etwas Licht aus dem benachbarten Fahrradraum, wo Pilger auf dem Boden sitzen und ihre Füße versorgen. Sonst liegen überall Leute: in der Küche, im Aufenthaltsraum, sogar unter der Treppe. Wir hocken mit einigen anderen um den Rezeptionstisch, würgen unser trockenes Brot runter. Ich hasse Viana. Ich hasse den Camino. Ich habe absolut die Schnauze voll.

Als wir aufbrechen, habe ich Tränen des Gedemütigtseins in den Augen. Ich komme mir wie ein Ausgestoßener vor: nirgends Platz. Ich nehme Haralds Hand. Ein paar Minuten später werde ich ruhiger, mit dem tock! tock! der Wanderstäbe kommt auch der Widerstandsgeist zurück. Verdammt nochmal, das lassen wir uns nicht noch einmal bieten.

Vor Logroño muntert uns endgültig Doña Felisa auf (siehe "Allgemeine Informationen", Abschnitt "Nordspanien: Land und Leute"). Dann laufen wir um die Wette mit zwei spanischen Paaren, die wohl auf Wochenendtour sind; tatsächlich haben wir sie danach nicht wiedergesehen. Es gibt sogar einige Tropfen Regen, der aber wenige Minuten später wieder aufhört. Die anderen sind uns weggelaufen, waren wohl frischer.

Wir wollen jetzt die großen Städte und Refugios vermeiden und statt dessen immer "eins weiter" gehen: Wenn also eine große Stadt in etwa der Entfernung einer Tagesetappe liegt (und deshalb wahrscheinlich das Ziel vieler Pilger ist), wollen wir genau das nächste kleine Refugio dahinter ansteuern. Bei Villamayor war das doch prima hingekommen. Man merkt: aus dem Pilgern war inzwischen ein Taktieren und Rennen um ein sicheres Bett geworden. Noch so eine Pleite wie in Viana hielt ich jedenfalls nicht aus. Nach der neuen Taktik ging es also über Logroño hinaus nach Navarrete.

Vor dem Refugio in Navarrete stand (13 Uhr) schon ein Reihe Rucksäcke. Wir landeten auf Platz 18 und 19. In dieser Reihenfolge stellten sich die Pilger später beim Öffnen der Herberge an, konnten vorher aber schon einkaufen oder sich in der benachbarten Bar erfrischen. Eine schöne Regelung, die weit verbreitet war und auch eingehalten wurde.

Zu 15 Uhr steht einer der Männer in der Bar auf, geht zum Refugio rüber und schließt auf: Hatte also der Hospitalero, dieser Schlaumeier, die ganze Zeit unter uns gesessen und sich nicht zu erkennen gegeben. Es war halt noch seine Ruhezeit, das musste man verstehen. (Auch konnte er seine Pappenheimer schon mal unauffällig mustern.) Also bekamen wir Bett 18 und 19. Es stellte sich heraus, dass wir mit unserer Raserei eine Kolonne, die einen Tag eher in Pamplona aufgebrochen war, eingeholt hatten. Das war ja sehr sinnvoll.

Der Preis waren immer schlimmere Blasen. In Sandalen über das Kopfsteinpflaster: Das waren Schmerzen! - Das Refugio in Navarrete ist ansonsten nur zu loben. Abends ging es in die benachbarte Kirche zur Messe, über Kopfsteinpflaster!


06.08.2000, Sonntag: Nach Azofra, 23 km (201,5 km)

Beim Abmarsch von Navarrete achtete ich auf das berühmte Friedhofsportal. Ich dachte schon, wir hätten es verpasst, als es einige Kilometer hinter der Altstadt, schon fast am Bebauungsrand der Vororte, plötzlich doch noch kam. So weit hatten die früher die Friedhöfe vor der Stadt! Der Genuss hielt sich in Grenzen: das Portal war eingerüstet und wurde renoviert. Immerhin konnten wir es auch von hinten beschauen, was sonst bei geschlossenem Friedhofstor nicht möglich ist. Etwas weiter hielten alle Pilger an, um den Sonnenaufgang hinter Navarrete zu fotografieren.
Das Refugio von Azofra vergrößern Unser Ziel war heute Azofra hinter Nájera. Azofra hat ein kleines Refugio, direkt an die Kirche angebaut. Ich kannte es schon, weil wir es vor zwei Jahren besichtigt hatten. Es wird von den Kölner Jakobsbrüdern finanziell unterstützt. Auf dem Bild sieht man etwas Schwarzes in der Ecke eingemauert; das ist ein Stein vom Kölner Dom. Links flattert wie gewöhnlich an jedem Nachmittag die Wäsche auf der Leine, während die Menschen lieber im Haus, in der Kirche oder unter den Bäumen Schutz vor der Sonne suchen und Siesta machen.

Auf dem Marsch holen wir eine größere Jugendgruppe ein. "Wohin geht's denn?" frage ich, denn nach Zeit und Ort konnten sie eigentlich Santo Domingo de la Calzada hinter Azofra nicht mehr erreichen. "Nach Azofra" war die unbekümmerte Antwort. Gleich griff eine Leiterin ein und behauptete, nein, die meisten gingen nach Santo Domingo. Na, ich hatte schon verstanden.

Wieder legten Harald und ich ein mörderisches Marschtempo vor. In Nájera hatten wir die Gruppe endgültig abgehängt. Wir kamen am Refugio vorbei: dort stellten die ersten "Knistertüten" um 10.30 Uhr (!) ihre Rucksäcke ab. Nach einem Wettlauf mit einem Spanier, der gar nicht nach Azofra wollte, trafen wir schon gegen 11.45 Uhr dort ein. Vor dem Refugio saß ein betrübter spanischer Pilger, der wegen seiner kaputten Füße nicht mehr weiterkonnte, neben ihm ein (dänischer) Freizeithospitalero. Ja, bleiben könnten wir nicht, allenfalls in einem Notquartier ohne Wasser. Das Refugio sei vom Cura von Logroño höchstpersönlich für zwei Jugendgruppen reserviert worden. Die Niederlage von Viana hatte mich gestählt. Ich holte unser Aussendedokument heraus und sagte auf Spanisch: "Wir sind offizielle Pilger, und uns steht die Unterkunft zu. Ich bestehe darauf. Sie kennen die Regeln, eine Reservierung ist ein Verstoß." Der Däne bat, Englisch reden zu dürfen. Ja, wenn wir den Lärm der Jugendlichen aushalten wollten... Er trug uns ins Refugiobuch ein, stutzte, fragte: "Deutsche, etwa aus der Nähe von Köln?" - "Naja, mehr oder weniger." (Nämlich 170 km entfernt, um genau zu sein ;-)) - "Und kennen vielleicht den dortigen Vorsitzenden der Jakobsbruderschaft?" "Nicht persönlich." Ich spielte den Geheimnisvollen, las in seinem nachdenklichen Gesicht: Der Bart, das Kreuz, etwa ein hohes Tier inkognito? "Fischer, Fischer, ... Habe ich von Ihnen nicht schon mal irgendwo gehört?" fragte er grübelnd. Ich zuckte mit den Schultern: "Kann sein, warum nicht?" ;-)

Also, wir zogen mit unserem spanischen Pilgerfreund, er hieß Ernesto, ins Refugio und belegten Betten. 20 Minuten später war Doña María, die offizielle Hospitalera da. Ob ich Pater sei? (Klar, der mit seinem Sohn unterwegs ist :-)) Nein? Dann, Sekunden später: Aber vielleicht Pfarrer? Auch nicht? Sie zog verwirrt und unsicher wieder ab. -

Die Gruppen sind nie gekommen... :-) Aber noch viele müde Fußpilger (z.B. Heidi), von denen Anne (Name geändert), die Engländerin, am andern Morgen mit 4.30 Uhr einen Knisterrekord aufstellte. Ich hätte sie erschlagen können.


Nachmittags zeigte uns Doña María die ganze Kirche. Wir durften sogar auf den Glockenturm steigen. Von oben hatten wir eine schöne Aussicht in alle Richtungen, auch nach Osten hin, wo man auf dem Camino weitere Gestalten herankeuchen sah. vergrößern Buntes Pilgervolk auf dem Glockenturm von Azofra.

Das Refugio von Azofra war vor zwei Jahren wie neu. Inzwischen ist es dringend reparaturbedürftig. Die nette familiäre Atmosphäre mit der ja ganz lieben Doña María ist aber geblieben. In der Kirche konnte ich endlich singen.

07.08.2000, Montag: Nach Grañón, 22,5 km (224 km)

Unsere Blasen machen uns so zu schaffen, dass wir beschließen, alle Umwege zu streichen, auch die Etappe über San Millán de Cogolla. Also direkt weiter nach Santo Domingo de la Calzada.

Achtung: Dort führen die gelben Pfeile am Stadteingang in die Irre, nämlich geradeaus in die Hauptgeschäftsstraße, während man schräg rechts auf der alten Pilgerstraße bleiben sollte, die direkt zum Refugio und zur Kathedrale führt. Wir merken es erst am Ende der Altstadt und müssen maulend zurück, denn die Kathedrale mit dem Hühnerpaar wollen wir doch sehen. Wir treffen Max (Name geändert), einen schweigsamen 17-Jährigen, der allein unterwegs ist, wieder, ferner María (Name geändert), eine Spanierin aus Madrid, die bis Burgos pilgert.


Mattenlager unter dem Kirchendach von Grañón vergrößern Dann geht es nach Grañón, wo das Refugio in die Kirche integriert ist. Die Freizeithospitaleros sind Niederländer. Ich fühle mich gleich zu Hause. Geschlafen wird unterm Kirchendach auf dem Boden. Leider knarrt alles furchtbar und weckt alle, als ich nachts mal raus muss.

Nachmittags sieht mich ein kleiner Junge auf der Straße und kräht: "Papá Noël! Papá Noël!" (der Weihnachtsmann). Sein Vater verweist es ihm, aber er beharrt: "Das ist er doch! Schau ihn doch nur an!" Die Leute lachen, ich winke ihm zu und mache ein liebes Weihnachtsmanngesicht.

Heute haben meine Frau und ich den 30. Hochzeitstag, und das getrennt! Wenigstens werde ich anrufen. Das entwickelt sich zu einem Drama. In Spanien muss jedes Dorf zwar mindestens 1 öffentliches Telefon haben, aber das Gesetz sagt nicht, dass es auch funktionieren muss ;-) In Grañón ist es gerade kaputt, und die einzige Bar mit Telefon wegen Umbau geschlossen. Ausnahmsweise lässt mich der nette Hospitalero von seinem privaten Mobiltelefon aus anrufen. Erst gegen 22 Uhr schaffe ich es also, aber immerhin!

Zum Abendessen musste jeder etwas einkaufen. Es schmeckt prima. Leider kein gemeinsames Gebet. Das Refugio ist wieder mal proppenvoll, 42 Leute, wo es oft nur ein Dutzend sind. Einige schlafen sogar direkt über dem Kirchenraum auf dem taubenkotverschmutzten Gewölbe, wo sonst die Wäsche hängt. O Graus!

Grañón ist sehr bekannt. Alle "echten" Pilger, die wir kennen lernen, sind dort gewesen. In kleinem Kreis ist dort sicher der authentische Camino zu spüren, wie alle berichteten.


08.08.2000, Dienstag. Nach Villafranca Montes de Oca, 28 km (269 km)

Wir haben jetzt den geplanten Etappenrhythmus wieder erreicht, aber mit 1 Tag Vorsprung, weil wir nicht nach San Millán de Cogolla gegangen sind. Die Pilgerpiste neben der Landstraße nach Belorado ist entsetzlich eintönig, schlimmer als die Meseta. In Belorado sind Störche auf der Kirche, sonst haben wir nur viele leere Nester gesehen. Sind alle schon nach Afrika fortgeflogen? Vor dem Refugio fragen Pilger wegen meiner Esperantofahne auf dem Rucksack, aus welchem Land wir kommen. Deutsche? Aha, und die Fahne? Esperanto. Ja so, davon hatten sie schon gehört; es waren Brasilianer.

Die Strecken, die ich vor zwei Jahren schon einmal gelaufen war, kannte ich problemlos wieder, manchmal mit erstaunlichen Einzelheiten. Ich hatte auch den Eindruck, dass man sie viel schneller lief. Harald profitierte auch davon, weil ich immer sagen konnte: "Gleich kommt schon das." und "Da hinten ist schon unser Ziel." Wenn das Ziel in Sicht war, zog es einen sowieso magisch an, und man mobilisierte automatisch die letzten Kräfte. Da ich wusste, dass uns in Villafranca Montes de Oca ein Zeltlager erwartete, bei dessen Größe es keine Schwierigkeit mit der Unterbringung geben würde, ließen wir uns endlich einmal wieder Zeit und machten mittags auf einem Stoppelfeld hinter Belorado ausgiebig Mittag und Siesta (Isomatten!).

In Villafranca war es wie erwartet. Radfahrer mussten bis 18 Uhr warten, wir bezogen sofort ein 5-Personen-Zelt, zusammen mit einem älteren Franzosen und der "dunklen Französin", die fast schwarzbraun gebrannt war, und ihrem spanischen Begleiter. Heidi kam in einem anderen Zelt u.a. mit der "blonden Französin" unter.

Der Platz im Zelt ist knapp: vorn passen gerade 4 Matratzen nebeneinander, hinten liegt die 5. quer; nur vor und hinter dieser bleiben kleine Ecken für das Gepäck von 5 Leuten. Wohl oder übel muss man einen Teil seiner Sachen mit auf der Matratze unterbringen. Es empfiehlt sich auf keinen Fall, vor dem Zelt etwas abzustellen; denn nachts kommt immer Tau herunter, und alles verklebt mit den trockenen Grasstückchen, mit denen der Zeltplatz bedeckt ist. Ansonsten hat ein Zeltlager einige Vorteile. Es gibt große Wagen, die einen mit Toiletten, die anderen mit Duschen, die dritten mit Waschbecken für die Wäsche. Auch weht durch die Zelte nachts ein frischer Wind, so dass man im Schlafsack herrlich ruht.

Die benachbarte Kirche wurde gerade für eine Besichtigung aufgeschlossen. Als Pilger durften wir gleich mit hinein. Sonst ist in Villafranca Montes de Oca nichts zu sehen. Zu essen gab es in einer Fernfahrerkneipe an der Hauptkreuzung am Ortseingang. Dort beobachtete ich, wie zwei englischsprachige Damen vergeblich versuchten, etwas zu bestellen; die Wirtsleute verstanden sie nicht. Da gaben sie auf und gingen wieder.

Aber der obligatorische Lebensmittelladen war schwierig zu finden: an der Kirche vorbei die Hauptstraße entlang, "nach oben", wie man uns sagte. Dann kommt rechts eine Wirtschaft, und in dieser (Hinterzimmer) gibt es auch nichtflüssige Lebensmittel zu kaufen.


09.08.2000, Mittwoch: Nach Olmos de Atapuerca, 23 km (275 km)

Wegen der frischen Luft hat sich das gesamte Zeltlager verschlafen. Die erste angenehme Nacht für mich. Morgens ist es ruppig feucht und kalt. Eine gute Gelegenheit für unser Spielchen auf dem Jakobsweg: Wenn man rings um uns wegen der Kälte jammerte, machte es uns Spaß, die abgehärteten "Männer aus dem Norden" zu spielen. Harald ging immer mit dem Witz hausieren: "Kalt? Das soll kalt sein? Bei uns zu Hause sagt man erst 'kalt', wenn die Eisbären anfangen zu erfrieren." Tatsächlich glaubt mancher Südländer, Norddeutschland läge kurz vorm Polarkreis.

Jetzt also, um 7 Uhr, schauen nur einige fröstelnd aus den Zelten. Da kann ich es nicht lassen. Mit blankem Oberkörper stapfe ich durch das Lager den Waschwagen zu. Ich kann die schaudernden Blicke in meinem Rücken spüren. Im übrigen ist es verdammt kalt.

Später der Aufbruch: Es geht sofort sehr steil die Oca-Berge hoch. Wir kommen an einem englisch-dänischen Paar vorbei, die wir noch bis León dauernd wiedersehen werden. Dank dem Handbuch von DuMont zweigen wir am Kilometerstein "M.P.61" ("M.P.60" habe ich nicht gesehen) links ab zur Schnellstraße mit dem Rastplatz "Valdefuentes" und einer sehenswerten Kapelle. Neben dieser geht es schräg ein Asphaltsträßchen hoch zum Camino zurück. Man verliert dadurch nur etwa 500 m.


Später kommen wir zu Kloster und Refugio San Juan de Ortega. Dort sitzt Bernd, der schon in Roncesvalles seine Füße so kaputt hatte. Inzwischen sind sie genesen. Wir gehen in die Klosterkirche und singen ausgiebig. vergrößern Mit Heidi vor dem Kloster St. Juan de Ortega

Bleiben wollen wir nicht, da der Pfarrer von San Juan nicht mehr dort ist (er ist wohl pensioniert) und das Refugio seitdem seine familiäre Atmosphäre verloren hat. Nun, es ist wohl so, dass die Pilgermassen schuld sind. In dieser Nacht soll es ganz schlimm geworden sein; sie hätten dicht an dicht überall gelegen, erzählen einige anderntags in Burgos. Da kann kein noch so pilgerfreundlicher Pfarrer mehr Familienatmosphäre schaffen und Knoblauchsuppe austeilen, wie in allen romantischen Berichten zu lesen ist.


Nachtrag von Juni 2006: Der Pfarrer war nicht pensioniert und teilt längst wieder die Knoblauchsuppe aus. Allerdings hat das Refugio inzwischen von der Sauberkeit her einen schlechten Ruf.

Wir hingegen hatten einen heißen Tipp: ein paar Kilometer weiter, etwas abseits des Pilgerweges, liegt ein neues kleines Refugio: Olmos de Atapuerca. Leider ließen wir uns durch eine irreführende Übersichtskarte (aus dem Pilgerführer von Millán Bravo Lozano), die Bernd uns zeigte, dazu verleiten, über das Dorf Barrios de Colina zu gehen. Das waren etwa 2 km Umweg. (Außerdem haben wir Atapuerca mit seinen weltbekannten Ausgrabungen verpasst.) Man sollte also von San Juan aus den Jakobsweg nach Atapuerca weiter und von dort nach Olmos de Atapuerca gehen. Es war aber eine merkwürdige Fügung mit diesem Umweg: Unterwegs holt uns Bernd ein. Er habe auf einmal eine Eingebung gehabt, "einen weiter" zu gehen, sagt er. Ein freundlicher Bauer hält gerade seinen Traktor an und ruft: "Da hinten abbiegen. Da gibt's ein Refugio." Ja, danke, endlich Olmos de Atapuerca erreicht. Wir fragen Bernd, wie seine Füße so wunderbar abgeheilt sind, dass er uns sogar noch eingeholt hat. Er zieht das Wunderpflaster (siehe "Allgemeine Informationen", Abschnitt "Blasen, Blasen, Blasen") aus der Tasche und erklärt dessen Handhabung. Könnte das nicht auch unsere Rettung sein? Unsere Blasen plagen uns immer mehr. Da Bernd von Burgos am nächsten Tag nach Hause fährt, braucht er das Wunderpflaster nicht mehr und verkauft die restliche Rolle an uns. Das hat uns tatsächlich gerettet. (Ich habe es nicht sofort verwendet, weil das Compeed-Pflaster noch hielt.)

Das Refugio von Olmos de Atapuerca steht wohl noch in keinem Handbuch. Deshalb kamen so wenige Pilger, dass kaum einer auf dem Fußboden landete. Um die Ecke war eine Bar, die abends auch ein Pilgermenü anbot.


10.08.2000, Donnerstag: Nach Burgos, 19 km (294 km)

Von Olmos de Atapuerca muss man nicht nach Atapuerca zurück, sondern geht gleich steil eine Anhöhe hoch, um etwas später auf den Jakobsweg zu treffen. In Olmos sind die gelben Pfeile spärlich. Das englisch-dänische Paar (Knistertüten) hatte sich im Dunkeln verlaufen und kam zurück. Die "dunkle Französin" hatte inzwischen zwei Begleiter. (Sie und die "blonde Französin" fielen dadurch auf, dass sie einen Schminkkoffer mit rumschleppten. Verschwendung, bei so vielen müden Kriegern :-))

In den Dörfern im Tal gab es mehrere neu eröffnete Bares, wie angenehm. Ich hatte vom Rotwein vom Vorabend einen Kater. Dann kam der Stadtrand von Burgos. 7 km geht es schnurgerade eine Schnellstraße durch die Industrievororte entlang, eine der ödesten Strecken des Camino. Heidi wollte eigentlich mit dem Bus reinfahren, ließ sich dann aber von uns (200 m vor ihr) "mitziehen", wie sie erzählte, nachdem sie uns eingeholt hatte. Wir hielten Ausschau nach einer Abzweigung zum Kloster Miraflores. Eine Übersicht zeigte aber, dass es diese nicht gab; der Flugplatz ist dazwischen. Man hätte also vom Rand der Altstadt aus einige Kilometer zurücklaufen müssen. Das war nun wirklich nicht drin!

Vor der Altstadt verabschiedete sich Horst (Name geändert), einer der wenigen echten Pilger, gerade von Maria, mit der ich Tage zuvor unterwegs so nett geplaudert hatte. Sie fuhr nach Madrid zurück.

Unser Esperantofreund Augusto (siehe meinen Bericht von der Gruppenfahrt vor zwei Jahren) aus Valencia hatte mir Stadtpläne von Burgos, León, Astorga, Ponferrada und Santiago geschenkt. Diese kamen uns beim Einmarsch in die Städte gut zupass. Man wusste, wo man war, und konnte den Lauf des Pilgerweges verfolgen, auch wenn die gelben Pfeile mal schwer zu finden waren. Das Refugio von Burgos besteht aus einigen Holzhäusern in einem netten Park, leider weit von der Innenstadt entfernt. Die Schlafräume sind äußerst eng. Zur Nacht wird man eingeschlossen, und die Fenster sind vergittert! Das dürfte es nicht geben, auch wenn der Hospitalero, der den Schlüssel hat, mit im Haus schläft. Sonst konnte man gut zufrieden sein. Abends kamen freundliche Damen und teilten eine kostenlose Suppe aus.

Harald und ich fuhren mit dem Bus zurück in die Innenstadt zur Besichtigung und zum Einkaufen. Der Dom ist nicht besonders schön, total verbaut. Außerdem nervten die überall herumwuselnden Touristen, die sich dann auch noch mit Pilgermuscheln um den Hals grölend ablichten ließen. Auf dem Rückweg verabschiedeten wir uns von Bernd. Dann schrieben wir Karten nach Hause. Dass die Blasen sich eher verschlimmert hatten, drückte uns. Ich war nicht sicher, ob ich bis Santiago kommen würde, und wir überlegten schon, ob Harald, dessen Blasen weniger schlimm waren, dann allein laufen und ich parallel mit dem Bus fahren sollte.


Tipp vom 20.08.2001:
Menü in Burgos:
Am Jakobsweg in der Innenstadt, Mesón Astorga, Calle de los Avellanos. Mittagsmenü 1.000 P. Sehr lecker!
Privatunterkunft:
Doppelzimmer mit Bad und Toilette für 5.500 P. im Hostal Termiño, La Concepción, 14. (Unweit Bahnhof. Vom Stadttor aus Fluss und Straße überqueren, geradeaus bis zu einem kleinen Platz, dort schräg rechts auf eine renovierte Kirche (San Cosme) zu; vor dieser rechts rein)

Weitere Informationen über Burgos im Bericht 2001 zum Vergleich.



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Letzte Änderung: 24.12.2020